Freitag, 9. April 2010

Trauerfeier für die gefallenen Soldaten

Ich gucke gerade die Trauerfeier für die in Afghanistan gefallenen Soldaten und denke:
Was nützen alle gutgemeinten Worte und Beileidsbekundungen, auch wenn sie aus noch so prominenten Mund kommen? Diese Männer sind meiner Meinung nach einen sinnlosen Tod gestorben und keine Ehrerbietung und Tapferkeitsrede bringt sie wieder ins Leben zurück.
Angela Merkel sagt gerade in ihrer Traueransprache, dass es immer wieder wichtig wäre, uns klar zu machen wie wichtig der Einsatz unserer Soldaten im fernen Afghanistan sei. Der Einsatz würde einzig und allein der Sicherheit unseres Landes dienen. Denn der Terror, der von dort käme wäre für alle westlichen Länder allgegenwärtig. Viele würden sich fragen, warum wir überhaupt dort sein müssten. Doch das Land sei als Brutstätte des Terrors immer eine Gefahr für alle und jedes Land der Welt. Unser Beitrag wäre, dort die Sicherheit im Lande selbst zu stärken und nur wenn dieses Land wieder sicher und stabil wäre, erst dann könnte es auch für uns mehr Sicherheit geben.
Ich bin mir nicht so sicher, ob es wirklich so wichtig ist, dass wir unsere Soldaten dort hinschicken, solange das Land selbst nicht bereit ist, mehr für die eigene Sicherheit zu tun. Im Fernsehen war neulich ein Bericht, dass viele, der von uns ausgebildeten afghanischen Soldaten und Sicherheitskräfte, kurz nach der Ausbildung schon in die Al-Qaida wechseln würden, weil ihnen dort mehr Geld geboten werden würde. Korruption sei dort an der Tagesordnung und würde sich durch alle Lebensbereiche hindurchziehen. So ist es dann auch kein Wunder, dass Afghanistan weiterhin der weltweit größte Haschischproduzent ist und auch hier keine Anzeichen zu finden sind, dass sich dieser Zustand in Kürze zu ändern würde.
Was bringt dann der Einsatz unserer Soldaten wirklich? Und welche Frage mich brennend interessieren würde, wäre, was würde geschehen, wenn man das Land sich selbst überlassen würde und keine fremde Macht sich dort einmischen würde? Wie gesagt, dies sind nur meine Gedanken und ich bin nicht wirklich kompetent in diesen Dingen, aber eines weiß ich genau: Jeder Mensch, der sein Leben im Krieg läßt, ist ein Mensch zuviel.

3 Kommentare:

Kerstin hat gesagt…

So denken viele, doch man traut sich nicht, seine Meinung laut zu sagen. Gerade vor ein paar Tagen hab ich mit meinem Sohn (derzeit Soldat im Grundwehrdienst) darüber diskutiert. Was wäre wenn ... Es gibt zu viele "wenn". Und ob unsere Hilfe wirklich immer gewünscht wird, ich weiß nicht. Wenn ich an die armen Angehörigen denke, wird mir übel, ich mag nicht daran denken, wenn mein Sohn ... Nee, das ist zu grausam.
Ich wünsche Dir einen schönen Abend, geht es Deinem Vater besser?
Liebe Grüße vom Träumerle Kerstin.

juwi hat gesagt…

Liebe Brigitte, liebe Kerstin,

wenn bei einem Kampf im Krieg 3 (in Worten: Drei) deutsche Soldaten ums Leben kommen, dann herrscht bei der Bundesregierung tiefe Betroffenheit und große Trauer.

Als aber bei einem von der Bundeswehr in Afghanistan angeordneten Luftangriff auf zwei Tanklaster mehr als 140 Menschen (in Worten: Einhundertundvierzig!) verstümmelt und verbrannt wurden - darunter ein großer Teil der Bevölkerung eines afghanischen Dorfes - leugnete die Bundesregierung, dass sie deutsche Soldaten in den Krieg geschickt hatte, und versuchte über einen sehr langen Zeitraum zu vertuschen, dass dabei überhaupt Zivilisten umgebracht worden waren, bezweifelte öffentlich Hinweise der NATO auf die Zahl von mehr als 140 Toten, und wenn es ein paar Todesopfer gegeben habe, so handele es sich dabei lediglich um afghanische Terroristen!

Brigitte, du sagst es: Jeder einzelne Mensch, der sein Leben in einem Krieg verliert, ist ein toter Mensch zuviel! Es ist deshalb sinnlos die Toten gegeneinander aufzurechnen. Es ist jedoch verlogen, einerseits bei drei toten Soldaten von schweren Verlusten zu reden, und andererseits eine große Zahl bei einem Bombenangriff hingemetzelter Bewohner eines Dorfes solange als Terroristen zu deklarieren, die "den Tod verdient haben", bis diese Lüge sich absolut nicht länger aufrechterhalten lässt.

Kerstin, du sagst, wenn du an die armen Angehörigen (der toten Soldaten) denke, würde dir übel. Du magst nicht daran denken, was wäre, wenn dein Sohn im Krieg umgebracht würde. Ich fühle mit dir. Ich danke Gott dafür dass er mir Töchter geschenkt hat, und keine Söhne. Denkst du aber auch an die Angehörigen der Afghanen, deren Väter, Mütter Kinder oder Enkel durch die Schuld deutscher Soldaten ums Leben kamen? Würdest du an die armen Angehörigen derjenigen denken, die dein Sohn möglicherweise im Krieg umbrächte, wenn er in Afghanistan Soldat wäre?


Wisst ihr wann mir übel wird?

Mir wird übel, wenn ich daran denke, in wie kurzer Zeit "die da oben" es geschafft haben, Deutschland nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs ohne Not erneut in einen Krieg zu verwickeln ... - wie eine so genannte "Wiederaufbau"-Mission über eine "kriegsähnliche Situation" zu einem "umgangssprachlichen Krieg" mutierte ... - wenn ich sehe, wie sie versuchen diese Tatsache zu vertuschen und zu leugnen ... - wie sie langsam und unheimlich Kriegsfloskeln in unsere Umgangssprache einsickern lassen. Dabei wird mir übel - jeden Tag ein bisschen mehr! Diese hilflose Verbiegung der Sprache, hinter der sie immer noch versuchen, die Wahrheit zu verbergen: Davon wird mir übel!

Fortsetzung folgt ...

juwi hat gesagt…

... Fortsetzung:

Mir wird übel, wenn "die da oben" diejenigen beweinen, die als Leichen heimkehren, nachdem sie diese als gesunde junge Menschen in den Krieg geschickt haben - aber kein Wort verlieren über diejenigen Bürger Afghanistans, die von ihren Soldaten erschossen, mit Granaten zerfetzt oder in der Flammenhölle der brennenden Tankwagen verbrannt wurden.

Mir wird übel, wenn ich höre, man traue sich hierzulande nicht, laut seine Meinung zu sagen. Sind wir denn schon wieder so weit? Würde sich niemand trauen, seine Meinung über den Wahnsinn zu sagen, der sich da so langsam - nicht zuletzt unter tatkräftiger Mithilfe einschlägig bekannter Teile der Presse - in unsere Gesellschaft einzuschleichen scheint, dann hätte das nie ein Ende. Laut ARD-Deutschlandtrend vom Januar dieses Jahres fordern jedoch 70 Prozent der Bundesbürger, dass die Bundeswehr aus Afghanistan abgezogen wird! Ich frage mich nur, wo die alle waren, als es darum ging eine neue Bundesregierung zu wählen, die dem Wahnsinn ein Ende hätte setzen können.

Mir wird übel, wenn ich in der Presse lese, Deutschland verneige sich ... - wenn überhaupt, dann verneigt sich vielleicht ein Drittel Deutschlands ... - aber das würde sich ja nicht theatralisch genug an hören. Das wäre ja keine Meldung wert.


Auch wenn ich den Schmerz und die Trauer der Hinterbliebenen der getöteten Soldaten verstehen kann, so habe ich doch keinerlei Mitleid mit den toten Soldaten. Sie haben in ihrer Ausbildung gelernt, wie man Menschen tötet. Sie wussten, dass Töten und Sterben im Krieg keine einseitige Angelegenheit ist, sondern ein gleichmäßig verteiltes Gemetzel, das überall seine Opfer findet. Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um. Möglicherweise hatten sie diese Tatsache verdrängt, weil sie sonst nicht mehr hätten leben können - für's Sterben war die Strategie, sich selbst zu belügen, dann am Ende gut genug.

Und was ist mit denen, die lebendig, vielleicht sogar äußerlich unverletzt aus dem Krieg zurückkehren, aber im Krieg zu Mördern wurden? Rettungskräfte, die mit dem Tod von Menschen konfrontiert wurden erhalten automatisch kompetente psychologische Hilfe, weil sie es vielleicht nicht verwinden können, dass sie trotz ihrer Ausbildung nicht in der Lage waren zu helfen. Trotz aller psychologischen Hilfe heilen die seelischen Wunden oft bis an ihr Lebensende nicht. Wie sollen dann aber die seelischen Wunden derjenigen heilen können, die den Tod vieler Menschen planmäßig herbeigeführt haben, wenn sie sich dessen eines Tages bewusst werden?

Die politisch Verantwortlichen in Berlin sind für den Tod jedes einzelnen Menschen verantwortlich, der durch die Schuld deutscher Soldaten ums Leben kam, und sie sind Schuld am Tod jedes einzelnen deutschen Soldaten, der in Afghanistan starb. Und sie werden Schuld sein am Tod jedes weiteren Menschen, der den Toten der Vergangenheit noch folgen wird. Wenn ich für den Tod so vieler Menschen verantwortlich wäre, dann würde mir jeder einzelne Tote in jeder einzelnen Nacht für den Rest meines Lebens den Schlaf rauben. Ich hoffe den politisch Verantwortlichen in Berlin ergeht es ebenso!

Auch wenn das alles schwere Kost ist, wünsche ich euch ein schönes Wochenende. Dir, liebe Kerstin, wünsche ich, dass dein Sohn nie in die Situation kommen wird, einen Menschen zu töten, der ihm nie etwas zuleide getan hat. Vielleicht kommt er ja noch zu der Erkenntnis, dass er den Kriegsdienst nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Besser spät, als nie.

Gruß,
Jürgen