Montag, 10. Mai 2010

Zehn Seiten aus meinem Leben - Ein Fortsetzungsroman? Seite 3

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Und es klappte, ich wurde vom Hafenarzt untersucht , für tauglich gehalten und ich bekam ein Seefahrtsbuch ausgehändigt. Mensch, das hätte ich nie gedacht, dass mir das passieren könnte. Ein Seefahrtsbuch, das war wie ein zweiter Reisepass. Damit konnte man in der ganzen Welt auf allen Schiffen anheuern. Allein diese Vorstellung brachte mich zum Träumen. Aber der Traum wurde schnell zur Wirklichkeit als es mit dem Arbeiten auf dem Schiff losging. Ich wurde als Kabinenstewardess angeheuert und das hiess richtig arbeiten. Jeden Tag mussten 24 Kabinen für die Reisenden saubergemacht werden. Und da ich mich vorher nie mit Hausarbeit gross beschäftigt hatte, war das schon eine große Herausforderung für mich. Aber ich war ja lernfähig und auch willig, so dass ich mich schnell mit dem neuen Job anfreundete und ihn auch zur Zufriedenheit der Hausdame an Bord ausübte. Obwohl das gar nicht so einfach war, denn besagte Hausdame hatte den Ruf, ein Hausdrachen zu sein. Um sich den Zorn der Chefin nicht zuzuziehen, war man quasi gezwungen, sich ein bisschen bei ihr einzuschleimen.
Obwohl das eigentlich nicht meine Art war, blieb mir bei dieser Dame und meinen eigenen Defiziten in puncto Hausarbeit gar nichts anderes übrig, wenn ich die Zeit an Bord schadlos überstehen wollte. Denn ziemlich schnell hatte ich erfahren, dass es sich nicht leicht an Bord lebte, wenn man Feinde hatte. Da war das heutige Mobbing schon immer Gang und Gebe und eine der schlimmsten Auswüchse war, dass man einer Kollegin Glaswolle in die Koje gelegt hatte, weil sie sich den Freund einer anderen
angelacht hatte. Und es gibt wohl kaum etwas schwierigeres als Glaswolle aus dem Bett und vom Körper zu entfernen. Jedenfalls hatte man mir das erzählt. Und nachdem ich von dieser Sache gehört hatte, war das "Einschleimen" für mich der Weg des geringsten Widerstandes und es klappte auch ziemlich problemlos.
Ich hatte gehört, dass die Hausdame fast jeden Abend auf ihrer Kabine Party feierte und mit der Nachfrage, ob ich bei den Vorbereitungen helfen könnte, traf ich auf offene Ohren. Ja, ich könnte das Eis für die Getränke aus der Küche besorgen, bekam ich zur Antwort. Na ja, das ist ja die leichteste Übung, dachte ich. Gesagt, getan und von da an, besorgte ich jeden Abend Eis für die Party der Hausdame und manchmal durfte ich sogar mitfeiern. Der Job machte mir einen Riesenspass, weil nicht nur hart gearbeitet wurde, nein, es wurde auch viel gefeiert. Was ich allerdings nicht bedacht hatte, war, dass die anderen Kollegen sich inzwischen Gedanken über "die Neue", also über mich, machten. Ich wurde zwar jeden Abend in der Küche gesehen, wenn ich Eis holte, doch dann war ich verschwunden. Und schon ging die Gerüchteküche los. Was macht die wohl mit dem Eis, das sie holt, ist sie Alkoholikerin und trinkt heimlich abends in ihrer Kabine? Gott sei Dank fragte eines Tages eine Kollegin mich direkt und so konnte ich sie aufklären, dass ich keine heimliche Trinkerin war, sondern nur für die Chefin das Eis besorgte. So wurde ich dann auch in den Kreis der anderen aufgenommen und war nun bei allen Parties dabei, nicht nur bei denen von der Chefin. Alles in allem war das eine sehr interessante und erlebnisreiche Zeit. Und das schönste war, dass ich „Karriere“ an Bord machte und in den nächsten Ferien schon als Kioskverkäuferin arbeiten durfte, was natürlich mit wesentlich weniger Arbeit verbunden war und viele andere Vorteile hatte. Nun konnte ich jeden Tag á la carte im Restaurant essen und ich durfte abends in die Bar, was nur den Offizieren, dem Zahlmeister und den Damen vom Empfang und Kiosk erlaubt war. Den anderen Bediensteten war dieses nicht erlaubt, deshalb feierten die abends immer ihre eigenen Parties auf den Kabinen, was an sich auch nicht schlecht war. Aber interessanter war es dann schon abends in der Bar. Insgesamt war es eine tolle Zeit und ich war froh, dass ich das erlebt hatte.

Morgen geht es weiter und wer Lust hat ....ihr wißt schon

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Brigittchen, ist schon scharf, was es da so für Strukturen und Hierarchien gab. Bist Du denn vor lauter arbeiten und feiern auch noch zum schlafen gekommen?
Ich hoffe, es geht Dir gut im Franzosenlande auf dem Wasser und freu mich trotzdem, wenn Du wieder da bist. Lieben Gruß, Susanne