Mittwoch, 12. Mai 2010

Zehn Seiten aus meinem Leben - Ein Fortsetzungsroman? Seite 5


-->
Das Lied holte mich wieder in die Gegenwart zurück.
Canzone, Canzone, Lieder an die Liebe ….
Und jetzt war ich wieder in meiner alten Heimat. Der Stadtteil hatte inzwischen ein schlechtes Image bekommen. Das, was früher als das schönste und interessanteste Viertel in Bremerhaven galt, hatte jetzt den Ruf eines Ghettos. Am Anfang konnte ich das alles gar nicht verstehen und dachte, das kann doch nicht wahr sein, mein schönes Lehe, was ist daraus geworden. Da muss etwas getan werden aber was, das war die
Frage, die mich immer mehr beschäftigte.
Eines Morgens stand ich in meiner Wohnung am Fenster und schaute auf das Kistner-Gelände. Der hohe Turm und die Tonnendachhalle weckten Kindheitserinnerungen und ich dachte, das ist doch nicht richtig, dass das alles so brach liegt. Das hat doch Geschichte dieses Gelände und warum sollte man da nicht etwas Bleibendes von machen können?
Eine Markthalle fiel mir ein, die ich mal in Barcelona gesehen hatte und auch in Frankfurt gab es so eine. Das wäre doch auch was für Bremerhaven und ganz besonders für Lehe, denn hier wohnten doch so viele Kulturen nebeneinander, das müsste man doch verbinden können. Und was bietet sich da mehr an, als eine Markthalle wo alle etwas dazu beitragen könnten. So eine Markthalle könnte zu einem Multi-Kulti-Treffpunkt werden, der für alle Bürger Bremerhavens interessant wäre.
Man könnte dort Delikatessen aus aller Herren Länder kaufen und es wäre auch noch genug Platz, um dort kulturelle Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Künstlerwerkstätten könnten sich dort ansiedeln und das eine oder andere gastronomische Ambiente könnte ich mir dort auch vorstellen, z.B. ein Terrassencafé zur Geeste hin. Das ganze würde sich in Verbindung mit dem Geestewanderweg zu einem tollen Anziehungspunkt in Lehe entwickeln. So war meine Vision. Aber wie könnte man dieses in die Köpfe der Leute bringen? Als ich diese Gedanken einem damaligen Freund schrieb, machte er eine Geschichte daraus: die „Ehlersche Markthalle“ von Peter Müller:
„Später hielt James Boogel noch eben an der Markthalle an, die auf dem ehemaligen Kistnergelände gebaut worden war und kurz vor der Fertigstellung stand, und sah erstaunt was sich hier alles tat. Die türkischen Obst- und Gemüsehändler hatten noch alle Hände zu tun, weiter vorne auf der Bühne sang Emil Harder "via con me" von Paolo Conte...it`s wonderful,it`s wonderful..., und überall hörte man Geschnatter, war es deutsch, war es polnisch oder russisch? James R. Boogel kam an einem polnischen Stand mit Krakauer Würsten vorbei, kaufte noch eben beim Holländer etwas Käse und am französischen Stand war noch sein Lieblingswein zu haben. Die Halle war entsprechenden den Entwürfen von einer Freundin gebaut worden und Boogel mußte sagen: Geschmack. Die Halle erinnerte ihn auf vage Weise an manche moderne Kirche. Zur Geeste hin waren große Fenster angebracht worden aus denen man einen wundervollen Blick auf die Geeste und die ehemaligen Werftanlagen der Unterweserwerft hatte. Italiener, Spanier, Libanesen, Ostfriesen und Bayern vertrugen sich hier auf seltsame Weise. Auch die großen Fenster an der Seite waren gelungen. Das Highlight der Halle bildeten allerdings gleich im Eingang die Kneipe "Hart backboard" eine geräumige und gemütliche Hafenkneipe in der es deutsche Küche a la Paulaner gab und das Restaurant "Hammifrutti" in dem man Fischgerichte, italienische Leckereien aber auch Kleinigkeiten essen konnte. Hier war jeder willkommen. Boogel wandelte durch die Halle und erfreute sich an den vielen Ständen, es roch nach frischer Bratwurst, nach Pizza, überall Geräusche und Gerede. Weiter auf der rechten Seite standen die Obststände. Es sah gut aus. Zweimal in der Woche war hier der Wochenmarkt und dann kamen die Bauern aus dem Landkreis.Das alles hier war nur der Probelauf. Die Markthalle sollte offiziell am 25. Oktober durch den Oberbürgermeister eröffnet werden. Aber es gab auch schon ein Programm. Gleich am ersten Wochenende sollten Sambagruppen aus Bremen kommen und auf der Bühne und in den Gängen einheizen. Die Markthalle würde ein neuer Anziehungspunkt für den Tourismus werden. Schon jetzt im Probelauf merkte man wie hier Menschen aus dem Stadtteil Lehe ein neues Zuhause fanden, sich trafen und andererseits aber auch viele Menschen von weit her sich hier wohl fühlten.
Als Boogel die Halle verließ, wurde er von Hannelore angesprochen, die sagte: Tolle Idee die Halle. Boogel lachte zustimmend. Kurz darauf erhielt eine Mail auf seinem Handy:
Tolle Idee! Wer schon mal die Markthalle in Hannover besucht hat, der weiß: Allein für diese Atmosphäre wurde man einen weiten Weg in Kauf nehmen. Dann legt mal los .
Boogel ging weiter und wollte gerade sein Handy ausmachen, da piepste es: Hallo, die Idee gefällt mir. Ich kenne die Markthalle Hannover zwar nicht, hab im Internet aber diesen Link gefunden, der die ursprüngliche Markthalle von 1892 zeigt: http://www.manfred-barby.de/markthalle/favorite4.html
Das wäre natürlich ein Highlight, wenn man nach so einem Vorbild etwas realisieren könnte, denn es stammt aus der Zeit, als auch in Lehe der Boom losging.“

Das war's doch, schoss es mir durch den Kopf. Man müsste diese Geschichte nur öffentlich machen, damit sich die Leute davon ein Bild machen können.

Morgen geht es weiter .............

Keine Kommentare: