Donnerstag, 25. November 2010

Früher war alles schöner und besser, oder......?

Gerade habe ich einen sehr schönen Beitrag bei der Waldameise gelesen, dass der Tante Emma Laden in ihrem Ort jetzt auch dicht gemacht hat und die Tante Emma in den wohlverdienten Ruhestand gegangen ist. Und wie ich das so gelesen habe, sind auch bei mir die Erinnerungen an die Geschäfte in unserer Strasse wieder hochgekommen. Was war das doch schön als man nur aus der Haustür gehen musste und quasi alle notwendigen Sachen in den kleinen Geschäften der Umgebung kaufen konnte. Da gab es den Milchmann, bei dem es noch Milch aus dem Zapfhahn gab, die in die mitgebrachte Kanne eingefüllt wurde und der auch gleichzeitig Käse verkaufte. Obst- und Gemüsehändler gab es gleich mehrere und Schlachter und Bäcker waren auch in unserer Strasse vertreten. Und man kannte sie alle von klein auf an. Heute wundert man sich, dass diese alle miteinander und nebeneinander überleben konnten und sie verdienten gar nicht mal so schlecht, obwohl sie auch Angestellte hatten, die sie bezahlen mussten. Da meine Eltern auch eine Schlachterei damals führten, kann ich mich noch gut an diese Zeit erinnern. Wir hatten  Angestellte, die über Jahrzehnte bei uns waren und die quasi zur Familie gehörten. Noch heute höre ich manchmal, wenn ich Gesellen von früher treffe, dass es eine schöne Zeit in ihrem Leben war, als sie bei uns arbeiteten. Natürlich ging es damals auch manchmal recht rüde in der Schlachterei zu und die Lehrlinge wurden sicher nicht immer mit Samthandschuhen angefasst, aber im Rückblick sagen sie alle, dass sie viel gelernt und viel Spass gehabt haben. Es war alles viel persönlicher. Ich kann mich jedenfalls auch noch gut an die Geplänkel zwischen den Fleischergesellen und den Verkäuferinnen erinnern. Das war nicht nur Arbeit, die sie verbunden hat, nein das war auch der Spass, den sie bei ihrer Arbeit hatten. Und wir als Kinder hatten damals viel mehr Freiheit möchte ich sagen. Wir konnten auf der Strasse oder im Park in der Nähe spielen, wir kannten alle, die in der Umgebung wohnten und jeder passte auf den anderen auf. Natürlich war die Nachbarschaft auch spiessig, manche konnte man nicht leiden und manche ärgerte man, obwohl es wohl nicht immer richtig war. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich nach der Schule meine erste kleine Wohnung im Haus hatte und keine Gardinen an die Fenster hängen wollte. Da bekam ich aber gleich Order von meiner Mutter, dass die Nachbarn sich aufregen würden, weil ich keine Gardinen vor den Fenstern hätte. Na ja ich habe auf die Spiessigkeit und Scheinmoral zwar schon damals geschimpft, aber schmollend habe ich mich dann doch  gefügt und Gardinen aufgehängt. Die waren dann zwar auch auffällig, weil sie bunt waren, aber so hat man sich dann miteinander arrangiert und Kompromisse gemacht. Dieses Miteinander war doch mehr ausgeprägt als es heute der Fall ist. Wie ich schon am Anfang sagte, es gibt keinen einzigen Lebensmittelladen mehr in unserer Strasse, der kein Supermarkt ist und auch sonst ist alles viel hektischer und meiner Meinung nach auch unpersönlicher. Heute regt sich niemand mehr über meine gardinenfreien Fenster auf und es ergibt sich auch kaum noch ein Schwätzchen auf der Strasse mit den Nachbarn. War es nun schöner und besser, oder denkt man sich das alles nur schön, weil man mit den heutigen Gegebenheiten nicht zufrieden ist? Vielleicht hat aber auch jede Zeit ihre schönen und ihre schlechten Seiten.

Das bin übrigens ich in beiden Fällen, einmal auf dem Arm vom Weihnachtsmann und einmal das kleine Mädchen im Artikel rechts. Wenn man auf den Artikel klickt kann man ihn etwas grösser auch lesen.

4 Kommentare:

Elke hat gesagt…

Mein Gott, wer hat denn diesen Text verfasst! Egal, soviel Verkehr also schon damals, das ist erstaunlich und tatsächlich niemand, der euch über die Straße geholfen hat - noch erstaunlicher. Allerdings war das mit dem Onkel schon immer so eine Sache, fällt mir dabei auf. Mich hat man schon gewarnt, mit Fremden mitzugehen und die Bezeichnung "Onkel" war tabu. - Aber das mit der Gemütlichkeit des Einkaufens, das vermisse ich wirklich. Wir haben heute zwar sehr viel mehr Auswahl an Lebensmitteln als damals und insgesamt natürlich viel mehr Luxus, den wir längst als normal betrachten, aber ob deshalb unsere Lebensqualität besser ist, das wage ich zu bezweifeln. Ich denke im Moment viel über die Situation nach, in der sich meine Jungs und überhaupt diese Generation befindet. Lebensplanung? Wie denn? Kinder? Wie denn? Da fehlt jede Sicherheit - ich finde es ziemlich fürchterlich.
Lieben Gruß
Elke

Brigitte hat gesagt…

Du hast hier sehr einfühlsam über das geschrieben, das ich mir schon lange denke! Ohne das "Früher" verherrlichen zu wollen, da war auch nicht alles Gold, man achtete damals schon besser auf einander. Der Umgang war ein anderer. Jeder kannte jeden. Heute ist das gar nicht mehr möglich!

Obwohl, ich kann nicht klagen, in unserer Kreisstadt, da befinden sich immer noch kleine Fachgeschäfte, in die ich gerne gehe. Man wird gut bedient und wenn nicht, dann sage ich das auch. Wir wohnen gerne hier.

Hattest du jetzt auch so eine Rolle auf dem Kopf, die mit einem Kamm gelegt wurde? Ich hab das echt gehasst und kam mir bescheuert vor.

Lieben Gruss, Brigitte

Rosie hat gesagt…

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Schuster, der gleich neben der Schule seine Wohnung und auch eine winzige Werkstatt hatte. Er bekam wirklich alles wieder hin, seien es kaputte Absätze, abgelaufene Sohlen, defekte Gürtel, abgerissene Taschenhenkel, und sogar Zaumzeug und Sättel. Und das alles für ein paar Mark und eine Zigarre. Und Geschichten gabs auch noch dazu.

Mr. Frank hat gesagt…

Hallo Brigitte Grüsse von Palm Springs, California. Ich bin fast fertig alle Deine Blogs zu lessen, zu genießen und zu absorbieren. Dein Blog vom 25. November 2010 (Früher war alles schöner und besser) hat sofort ein wunderbares Herzgefühl und eine wunderbare Botschaft in mir hinterlassen. Zwingen mich sofort, Dir meine eilige Gedanken und Emotionen zu schreiben. Es ist schon 10 Jahre her, seit Du diesen Blog veröffentlicht hast, aber dann, was sind 10 schnelle Jahre zwischen Freunden? Tatsächlich überwiegen mich die Erinnerungen und Erlebnisse auf der Hafenstraße. Unsere Strasse! Ich erinnere mich jetzt genau daran, wie ich in der Setzer "Schneider-Wohnung" stand und auf die Ehlers Schlachterei (50 meter entfernt) blickte und hoffte, Dich im "Fahreingang" zu sehen. Wir haben uns nie richtig kennengelernt und ich mache egoistisch Hansi dafür verantwortlich. (Heute bin ich der Einzige, der ihn immer noch Hansie nennen darf) Ich hoffe, dass ich mich richtig an die Blumen und die Phlanzenfenster von Deiner Mutter erinnert habe? Diese blieben mir einfach so immer in dem Sinn.

Unsere Schlachterei war Erzinger auf der Rickmerstraße. Die Kinder bekommten dort immer 'ne Scheibe Wurst in die Hand gedrückt, wenn Oma und ich dort einkaufte. Rund 70 Fleischerläden gab es in den 1960er Jahren in Bremerhaven. So wie die Fleischerei Stelter in der Georgstraße und am Berliner Platz. Auch Erzinger hat dann Gesellen eingestellt (und ein Meister) und hatte das Geplänkel mit den Verkäuferinnen. Der größte Teil der Lehrlinge kam vom Lande und alle hatten ein Schlafzimmer im Obergeschoss über der Metzgerei. Ja vieles war denn ja auch viel mehr persönlich. Heute auch keine kleinen Lebensmittelladen mehr. Und die Kunden orientieren sich weniger an der Qualität und mehr am Preis. Kein Fleischermeister koennen so konkurrieren ebenso der Service war dann groß geschrieben. Dann wurde nicht mehr selbst geschlachtet, aber Fleisch und Wurst wurde noch selbst hergestellt. Viele Fleischermeister hörten auf mit gewissen Altersgründen aber denn meistens gab es keinen Nachfolger. Jetzt EIDEKA ist hier mit etwas besonderes! Man parkt auf dem Dach!

Und dann war da noch Thams & Garfs (Tammel und Gammel) vom Jahr 1910 in Bremerhaven. In der Obst und Gemüseabteilung wurde man persönlich bedient! Ein sehr gemütliches Einkaufen mit Oma und natürlich tragte ich immer die grosse Einkaufstasche. Es gab auch Körbe, die ich für Oma transportierte zur Heißmangel im Eckhaus an der Körnerstraße. Und dann meine Belohnung und der lieblingsgeruch von frisch gemangelter Wäsche. Aber für heute und mit meinen Schlussgedanken stelle ich mir Kadeles Lieblings-Rezept vor. Labskaus Bremerhaven style! Für mich extra Spiegeleier, eine Gurke und ein Karlsburg Pils! Oder zwei? Deine Oma wie Du war auch eine waschechte Bremerhaverin? Ihr Vater Kapitän auf großer Fahrt! Aber dann meine Mutter, Opa, Oma und Tante haben auch gefahren. So war es damals. Bremerhaven Ahoi!