Donnerstag, 6. Juni 2013

Eine schöne Geschichte ...

Die Salzpuppe

Eine Salzpuppe hörte, wie jemand vom Meer sprach. Das Meer, sagte er, sei unermesslich groß und unerforschlich, es sei grenzenlos, ewig und unvergänglich, ohne Anfang und Ende. Seine Tiefe sei unauslotbar, und vor seiner Majestät verneigten sich alle Wesen.
Die kleine Salzpuppe fühlte, wie bei diesen Worten ein Schauer durch ihren Körper ging. Es war ihr, als erzitterten alle ihre Zellen, und eine unerklärliche Sehnsucht bemächtigte sich ihrer. Sie fragte: „Wer ist das Meer, dass seine Beschreibung mich so tief ergreift? Wo ist es, und wie kann ich zu ihm kommen?“„Oh kleine Salzpuppe“, antworteten die anderen, „das Meer ist weit, weit entfernt. Du musst einen langen Weg zurücklegen, um zum Meer zu kommen.“ „Das will ich gerne tun,“ sagte die Salzpuppe, „sagt mir nur, in welche Richtung ich gehen muss.“ „Das ist eigentlich gleichgültig“, sagten die anderen, „du musst nur immer geradeaus gehen, dann wirst du früher oder später ans Meer gelangen.“
Die Salzpuppe machte sich auf, nahm ihren Wanderstab in die Hand und marschierte los. Ihr Weg führte sie durch grüne Felder und dunkle Wälder, durch bunte Städte und Dörfer, durch laute Volksmengen und durch die Einsamkeit. Oft wurden ihr die Füße schwer, aber sie blieb nicht stehen, sondern wanderte weiter, immer weiter, Tag und Nacht, denn sie hatte nur eines im Sinn: sie wollte das Meer erreichen.
Eines Tages merkte sie, dass die Luft erfüllt war von einem fernen Brausen und Rauschen, das immer stärker wurde, je weiter sie vorwärts ging. Und wie sie weiterwanderte, gelangte sie wahrhaftig an das Ufer des Meeres. Überwältigt von der Größe und Schönheit blieb sie stehen und setzte sich in den Sand. Sie nahm den Geruch des Meeres in sich auf, versenkte sich in das Spiel des Lichtes auf den Wellen, lauschte dem Rauschen und Dröhnen der Brandung und blieb lange Zeit ganz still. Dann sprach sie zum Meer: „Hab ich dich endlich gefunden! Wer bist du, dass ich dich so sehr liebe?
“ Da antwortete ihr das Meer und sagte: „Komm näher zu mir heran, dann wirst du erkennen, wer ich bin.“
Die Salzpuppe ging näher heran, immer näher, bis sie ganz nahe war, und dann ging sie ins Meer hinein. Und sie verlor ihre Form, mehr und mehr. Und als nur noch ein winziger Teil ihres Kopfes zu sehen war, sagte sie ganz leise. „Nun weiß ich wer du bist - und ich weiß, wer ich bin.“



Verfasser unbekannt

3 Kommentare:

Träumerle Kerstin hat gesagt…

So kam das Salz ins Meer. Diese Geschichte kenne ich nicht und danke Dir dafür.
Liebe Grüße von Kerstin.

Brigitte hat gesagt…

Ich kannte sie auch nicht und ich fand sie sehr schön! Danke dir!

Lieben Gruß, Brigitte

Dies und Das vom Neckarstrand hat gesagt…

Liebe Brigitte,
somit ist diese Wissenslücke auch
gestopft. Danke für die süße kleine Geschichte.
Einen schönen Abend wünscht Dir
Irmi